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Die Zeit von 1945 bis 1968

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Diese Zeit war geprägt durch Angst. Trotz des Untergangs des Faschismus schaffte es ein Gesetz, diesen Zeitraum zu überleben: Der Paragraph 175. Er wurde in dieser Zeit in seiner harten Fassung aus dem Jahre 1935 angewandt.

In dieser Zeit offen schwul zu sein, hieß gebrandmarkt zu sein. Das Bundesverfassungsgericht sorgte in einem Urteil, dass die Gesetzgebung aus der Nazizeit für verfassungskonform und begründet erachtet wurde.

Auch in der Bevölkerung war die Abscheu Schwulen gegenüber offensichtlich. Das Wort "schwul" kam nur in absoluter Wut als Verunglimpfung über die Lippen. "Tunten" wurden verfolgt, geschlagen und misshandelt. Wer nicht wollte, dass er als Schwuler abgestempelt wurde, hielt den Mund.

01.11.1945

Die Landesverwaltung Thüringen erklärt den § 175 in der Fassung von 1935 für ungültig und übernimmt die Fassung von 1925.

30.1.1946

Der §175 bleibt weiterhin in der Fassung von 1935 gültig.

 21.2.1950

In der DDR wird der §175 in der Fassung von 1925 übernommen, der §175a bleibt in seiner Fassung erhalten.

13.3.1951

In der BRD bleibt der §175 in der Fassung von 1935 gültig.

13.7.1951

BRD: Als unzüchtige Handlung gemäß §175f. gilt die "wechselseitige Befriedigung, auch ein zweckgerichtetes Reiben an den Geschlechtsteilen, selbst wenn es nicht zum Samenerguss kommt".

08.01.1952

Bundesjustizminister Thomas Dehler (FDP) schlägt eine weitere Verschärfung des §175a vor. Dies würde weitreichende Eingriffe in das Privatleben bedeuten.

03.12.1952
Einführung des Schlüter-Schlitzes auf der Toilette des Düsseldorfer Hauptbahnhofs. Dieser dient der Überwachung und Überführung von Homosexuellen bei strafbaren Handlungen.

14.07.1953
Freispruch eines Mannes, der wegen des §175 angeklagt worden war. Das Urteil wird mit dem Widerspruch des §175 StGB mit dem §3 GG begründet. Das Urteil wird später aufgehoben.

06.09.1953
Zur Bundestagswahl werden die Parteien durch die Zeitschrift "Der Weg zu Freundschaft und Toleranz" wie folgt eingeschätzt:

  • CDU: Hauptverantwortliche der Beibehaltung des §175, daher "Todfeind"
  • FDP: "restlos versagt" und eng mit der CDU liiert. Eine Wahl komme daher nicht in Frage
  • SPD: diejenige Partei, die am ehesten vertrauenswürdig wäre

Dieselbe Zeitschrift nennt auch die Schätzung von "Homoeroten" im Bundestag insgesamt 14, davon in der CDU/CSU: 7; SPD: 3; Bayernpartei: 2; FDP: 1; KPD: 1

24.08.1954
Großbritannien:
der Britische Innenminister beruft einen Ausschuss ein, der gesetzesvorschläge zur Homosexualität erarbeiten soll; der Vorsitzende ist Sir John Wolfenden

05.07.1956
4. Strafsenat des Bundesgerichtshof:
Bei der "anlagebedingten Homosexualität" ist der "abartige Trieb" so stark, dass er Krankheitswert erhält. Es liegt somit eine "krankhafte Störung der Geistestätigkeit" im Sinne des §51 StGB vor. In diesem Falle könne ein Freispruch erwirkt werden.

20.2.1957
DDR:
einfache Homosexualität ist weiterhin strafbar

10.5.1957
Das Bundesverfassungsgericht lehnt zwei Verfassungsbeschwerden von nach §175 Verurteilten ab.

12.8.1957
Der Wolfenden-Report wird veröffentlicht:

  • Homosexualität soll straffrei bleiben, wenn sie von beiden Partnern im Zivilleben, im beiderseitigen Einverständnis und hinter verschlossenen Türen stattfindet; beide Partner müssen über 21 Jahre alt sein
  • Es gibt keine Beweise dafür, dass Homosexualität eine Krankheit ist
  • Homosexualität ist kein Auslöser von Dekadenz
  • Es gibt Homosexualität in allen Berufen und auf allen Ebenen der Gesellschaft

Der Report wird im gleichen Jahr ins Deutsche übersetzt

04.10.1962
Reform des StGB in der BRD, ausgenommen davon ist der §175; Begründung: "Die Reinheit und Gesundheit des Geschlechtslebens ist eine außerordentlich wichtige Voraussetzung für den Bestand des Volkes ..."

30.8.1967
Homosexuelle werden von der Bundeswehr nicht für wehrtauglich befunden.

12.01.1968
DDR: Reform des §151 StGB; Sex mit Jugendlichen des gleichen Geschlechts bis 18 Jahren ist strafbar. Der Sex zwischen erwachsenen Männern ist straffrei.



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